„Die Wärme-Kraft-Kopplung spielt sowohl im Wärme- als auch im Strombereich des Energiekonzepts 2050 der Stadt St. Gallen eine zentrale Rolle“, sagt Michael Stang, Leiter Zentralenbau Wärme der St.Galler Stadtwerke. Er war verantwortlich für die Realisierung des gross dimensionierten Blockheizkraftwerks (BHKW), das am Standort der Fernwärme-Zentrale AU vor kurzem aufgebaut wurde.
Ausbau der Fernwärme mit Wärme-Kraft-Kopplung
Bereits vor einigen Jahren hat sich die Stadt für den weiteren Ausbau ihres Fernwärme-Netzes ausgesprochen. Durch die Wärmeeinspeisung bei der städtischen Kehrichtverbrennungsanlage konnte sich Fernwärme etablieren. Auch das geplante und 2014 eingestellte Tiefengeothermie-Projekt sollte einen Beitrag zur Wärmeversorgung leisten. Heute konzentriert man sich bei den Stadtwerken auf die Wärme-Kraft-Kopplung (WKK) und deren vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten.
Das in der Bevölkerung breit abgestützte Energiekonzept weist fünf Schwerpunkte auf, die den künftigen Einsatz von Energien definiert:
- Effizienz statt Verschwendung
- Wärme-Kraft-Kopplung statt nur Verbrennung
- Stationäre Stromerzeugung mit Wärmenutzung – Fahren mit Strom
- Speichern statt vernichten
- Einsatz erneuerbarer statt endlicher Energien.
Michael Stang: „Wir fokussieren uns bei der WKK auf vier mögliche Varianten, also von Anlagen für das Einfamilienhaus bis zu jenen im Megawatt-Bereich.“ Zurzeit sind eine Hochtemperatur-Brennstoffzelle (SOFC), 20 Mini-BHKW für Mehrfamilienhäuser, ein kompaktes BHKW für einen Nahwärmeverbund sowie die bereits erwähnte Grossanlage mit 2 MW elektrischer Leistung und 2.1 MW thermischer Leistung im Einsatz. Bei einem Vollausbau des städtischen Fernwärmenetzes werden maximal vier zusätzliche baugleiche BHKW erforderlich. „In der langfristigen Betrachtung, wie sie durch das Energiekonzept 2050 vorgegeben ist, sehen wir die Wärme-Kraft-Kopplung, betrieben mit Erdgas oder Biogas als wichtige Übergangstechnologie für die Stadt St. Gallen. Welche Technologien in der langfristigen Betrachtung nutzbar sein werden, ist heute noch offen. Grundsätzlich gehen wir von einem kontinuierlich verminderten Wärmebedarf aus. Mit der Erweiterung der energetischen Vernetzung wollen wir aber schon heute die Weichen richtig stellen“, fasst Michael Stang die Zukunftsüberlegungen zusammen.
Gezielte Unterstützung der Wärme- und Strom-Produktion
Während die WKK weder durch Bund noch Kanton aktiv gefördert wird, bietet die Stadt St. Gallen Optionen. Einerseits steht der städtische Energiefonds zur Verfügung, der durch eine Abgabe auf die Nutzung des Elektrizitätsnetzes finanziert wird. Dabei steht ein Investitionsbeitrag von CHF 400 bis 800 pro installierter kW bereit, als Bedingung gilt eine steuerungstechnische Integration in den „WKK-Schwarm“ der Stadtwerke. Anderseits wird ein Beitrag aus Fonds für ökologischen Umbau der Stadtwerke geleistet.
Zentral situierte Gross-BHKW sind für die Versorgung des Fernwärmenetzes, das mit einer maximalen Betriebstemperatur von 130 °C arbeitet, bestimmt. Dank der Versorgungsdichte und der Netzqualität sind die Verluste in St. Gallen ausserordentlich gering. Die höher gelegenen Stadtteile und Wärmeabnehmer werden mit Wärmetauschern und angeschlossenen Sekundärnetzen versorgt. Die Stadtwerke bieten mit einem Contracting die dezentrale Strom- und Wärmeproduktion beim Kunden an. Dabei liegt der Fokus auf Liegenschaften mit 100 bis 400 kW Wärmeleistungsbedarf, der mit einem BHKW mit 20 bis 60 kW elektrischer Leistung erfüllt werden kann. Dabei werden standardisierte BHKW-Module eingesetzt, die einen effektiven Schallschutz, hohe Wirkungsgrade und relativ tiefe Stromgestehungskosten bieten. Die Aufstellung erfolgt in der Regel in den bestehenden Heizräumen und/oder in den freiwerdenden Tankräumen von Liegenschaften.
Ingolf Alberth, zuständig für die Überwachung der von den Stadtwerken betreuten BHKW, sagt: „Die bei den Stadtwerken eingebundenen WKK-Anlagen weisen eine aggregierte elektrische Leistung von rund 2.6 MW auf. Mit einem Online-Tool können wir Echtzeit-Daten der Anlagen, die Energie-Marktdaten, Wetterdaten sowie entsprechende Prognosedaten, also den erwarteten Wärmebedarf, überwachen und für die Betriebssteuerung einsetzen.“
Flexibilität als Lösung
Neben den Herausforderungen, welche beispielsweise durch die Volatilität der Energiepreise entstehen, sehen die Sankt Galler Stadtwerke auch Chancen durch die systembedingte Flexibilität und durch die ökologische Wertigkeit von Strom und Wärme ab BHKW. Diese sind bei präziser Kalkulation nicht eigenwirtschaftlich, denn die Differenz zwischen Stromgestehungskosten bei BHKW und Strommarktpreis beträgt ca. 8 Rp./kWh. Für einen kostenneutralen Betrieb ist demnach entsprechender Förderbedarf notwendig. Im Querverbund betrachtet bestehen indes Potenziale für die Vermarktung von Regelenergie aus der BHKW-Produktion sowie für zusätzlichen Gasabsatz. Und das Contracting-Angebot für WKK-Anlagen bietet den Stadtwerken ein weiteres Plus.
Micheal Stang erläutert dies Situation: „Diese Nachteile können durch eine geschickte Betriebsweise und den Einsatz von Wärmespeichern jedoch aufgefangen werden. Neben der Flexibilität des Starts der Stromerzeugung ist auch diejenige der Stopps relevant, was zu kurzen Laufzeiten der BHKW pro Start/Stopp und zu mehr Laufzyklen pro Jahr führen kann. Dabei muss man den möglichen Mehraufwand für Unterhalt und Wartung beachten.“
Die Gesamtsicht macht die Wärme-Kraft-Kopplung zu einem wertvollen Instrument der weiteren Entwicklung des städtischen Energieversorgungskonzepts und bietet Flexibilität, welche sich durch zuverlässige und kostenoptimale Bedarfsabdeckung der Kunden ausdrückt.
Kontakt:
St.Galler Stadtwerke
Wasser, Gas und Wärme
St.Leonhard-Strasse 15
CH-9001 St.Gallen
kundendienst@sgsw.ch
www.sgsw.ch
Veröffentlicht am: 17. Nov. 2016