Durch den starken Frequenzabfall im europäischen Stromnetz am Freitag ist Europa laut Wien Energie nur knapp an einem flächendeckenden Stromausfall vorbeigeschrammt. Auch in Österreich hätten viele Kraftwerke sofort Energie zur Netzstabilisierung nachgeliefert und das Sicherheitsnetz habe gegriffen – aber solche Feuerwehr-Einsätze sind langfristig kein tragfähiges Geschäftsmodell“, warnt Wien-Energie-Geschäftsführer Michael Strebl.
Stärkere Schwankungen in Strom-Netzen durch Erneuerbaren-Ausbau
„Wie die Feuerwehr stehen unsere Kraftwerke rund um die Uhr bereit und helfen aus, wenn es im heimischen Stromnetz brennt“, so Strebl am Sonntag in einer Mitteilung. Das Parlament habe zwar kurz vor Weihnachten eine Neuregelung der Netzreserve beschlossen und damit vorerst Rechtssicherheit geschaffen, „für eine langfristige Vorhaltung sind allerdings viele Fragen für die Betreiber offen“, so Strebl. „Wir brauchen eine faire Regelung, entsprechende Abgeltungen und Sicherheit für Investitionen in die Instandhaltung oder den Neubau von Kraftwerken. Feuerwehr-Einsätze sind langfristig kein tragfähiges Geschäftsmodell“.
Der vermehrte Ausbau von erneuerbaren Energien und damit die volatile Erzeugung von Wind- und Sonnenstrom führten zu immer stärkeren Schwankungen in den Stromnetzen. „Die Anzahl der Not-Einsätze nimmt drastisch zu. Musste Wien Energie bis vor wenigen Jahren nur rund 15 Mal die Stromerzeugung kurzfristig hochfahren, war dies in den letzten Jahren bis zu 240 Mal pro Jahr für die Netzstabilisierung der Fall.“ Für die Versorgungssicherheit seien Gaskraftwerke essenziell. Mittelfristig strebt Wien Energie die Umstellung auf Grünes Gas an.
Stromversorger fordert nach „Beinahe-Blackout“ Konsequenzen
Auch der niederösterreichische Stromversorger EVN hat nach dem „Beinahe-Blackout“ Konsequenzen gefordert. „Einige Großkunden haben sich gemeldet, weil sensible Maschinen die Frequenzabsenkung bereits gespürt haben“, sagte EVN-Sprecher Stefan Zach zum ORF. „Wenn die Schwankungen zu hoch sind, schalten sich Maschinen aus Selbstschutz ab.“ Das könne Zach zufolge auch bei Kraftwerken passieren, „und dann wird es kritisch“.
In Niederösterreich dient das Kraftwerk Theiß bei Krems als Puffer für Fälle wie am Freitag. Laut Zach würde dieses alleine aber nicht ausreichen: „Österreich verlässt sich bei der Versorgungssicherheit immer stärker auf Atom- und Kohlekraftwerke in unserer Nachbarschaft.“ Die EVN fordert deshalb neue gesetzliche Rahmenbedingungen für den Weiterbetrieb bestehender Gaskraftwerke und Anreize, um neue, flexible und schnellstartfähige Gasturbinen in Österreich zu bauen und im Notfall ohne Stromzulieferungen aus Kohle- und Atomkraftwerken benachbarter Länder auszukommen. Wind, Sonne und Wasserkraft sind Zach zufolge nicht geeignet, um die Produktion binnen kürzester Zeit zu erhöhen, auch wenn „die Zukunft natürlich der Naturenergie gehört“.